O’gschalt is!

Alle Kabel sind verlegt, alle Stecker sind eingesteckt, und etwas Speicher ist noch frei. Dann auf zu einem neuen Anfang. Das ist das Schöne an diesem freien, dezentralen Fediverse: Ein Ende muss kein Ende sein.

Ob ich denn einen Tipp für eine Instanz hätte, wohin man ziehen kann, war die Frage. Denn diese hier – mastodon.bayern – wurde gerade abgekündigt: Liebe Leute, bitte sucht euch in den nächsten vier Wochen ein neues Zuhause. Dann wird der Stecker gezogen und die Lichter gehen aus.

Ganz so ist es nicht gekommen.

Je wilder die Eskapaden auf dem Kurznachrichtendienst Twitter/X wurden, desto mehr Menschen suchten nach einer Alternative. Gar einige kamen ins Fediverse. Hier gibt es keinen zentralen Anbieter, der alles entscheidet und kontrolliert. Stattdessen kann sich jeder seine eigene Ecke – oder: seine eigene „Instanz“ – einrichten1. Voller Elan entstanden große Instanzen mit Hunderttausenden von Leuten. Und kleine Instanzen, die jemand nur für sich selbst betreibt, aber immer mit allen anderen vernetzt ist. Und natürlich gibt es die gemütlichen Ecken dazwischen. Wie in der Welt da draußen: Es gibt Minga, es gibt die Jachenau, und dazwischen gibt es Sonthofen, Straubing und Regensburg. Einen Besuch wert sind sie alle.

Wenn sich die Routine einschleicht

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Doch irgendwann ist der Anfang vorbei. Dann kommt die Realität: So eine Mastodon-Instanz ist letztlich ein Stück Software und läuft auf einem Computer. Das braucht Zeit und Pflege: Updates müssen eingespielt, Spam beseitigt, Meinungsverschiedenheiten geklärt werden. Kurz: die kleinen Handgriffe, die dafür sorgen, dass die Maschinerie reibungslos läuft. Eine Instanz zu betreiben, das kostet Zeit. Und Geld.

Im Herbst 2023 und im Frühjahr 2024 gab es deshalb Nachrichten, die weniger mit dem Zauber des Anfangs zu tun hatten als mit der Härte und Routine und der Realität. Es wurden Instanzen abgekündigt. Natürlich kleine mit nur einer Handvoll Menschen drauf. Aber auch einige der größten in Deutschland. Und mastodon.bayern ebenso.

Was uns wieder an den Anfang führt und zur Frage, ob ich denn einen Tipp für eine Instanz habe, wo man hingehen kann, wenn hier die Pforten schließen.

Das ist einerseits eine schwierige Frage, weil man nicht in den Leuten drinsteckt, die eine Instanz betreiben. Man kann ihnen nicht in den Kopf schauen und sehen, ob das die Nächsten sind, die sich andere Schwerpunkte für ihr Leben vorstellen, und man nach ein paar Monaten wieder digital umzieht. Andererseits, da fragt nicht irgendwer irgendwen. Man kennt sich. So kommen die Dinge ins Rollen.

Kabel raus, Kabel rein

Eine kurze Anfrage beim bisherigen Betreiber ergab, dass eine Übernahme durchaus willkommen wäre. So haben wir es angepackt.

Natürlich hat es geknirscht und gekracht und es gab Probleme, die so vorher nicht geplant waren. Jetzt sind wir wieder im Regelbetrieb, mit neuer Betreuung und neuer Technik.

  • Alle Daten und Konten sind übernommen.
  • Alle Konten? Nein, nicht ganz: Die offensichtlichsten Spam-Konten wurden rausgeworfen und deaktiviert.
  • Zweimal Schweißperlen auf der Stirn, wie viele Millionen Hintergrundprozesse gerade fehlgeschlagen sind.
  • Die Kontakt-Adresse wurde viel zu früh eingerichtet. Das heißt, sie konnte zwar senden, aber hinter den Kulissen liefen die Einstellungen schief, so dass nichts ankam. Zefix.
  • Eine neue Software-Version bringt eine geänderte Datenbank mit sich. Die passt nicht ganz zur alten Datenbank. Da musste noch ein wenig gefeilt und gehobelt werden.

Dafür haben wir jetzt aktuellste Software auf einem frischen Rechner. Das sollte man direkt spüren: Schwuppdizität statt Warten. Und einen Admin, der hie und do durchfegt, damit auch alles sauber bleibt.

Was die Zukunft bringt?

Die Umzugskisten sind geleert, und der aufgewirbelte Staub legt sich. Zeit für erste Überlegungen: wohin könnte die Reise gehen?

Technisch sind wir gut aufgestellt: mastodon.bayern ist jetzt in einem Verbund mit zwei Instanzen für Vereine und einer öffentlichen Instanz aus dem hohen Norden. Es gibt es eingeschwungene Konzepte für Wartung und Pflege. Der Admin im Maschinenraum weiß seit Jahren, was ihn erwartet. Und plant eine halbe Ewigkeit (zumindest in Internet-Zeiträumen) im Voraus.

Inhaltlich steht die Frage: was macht uns eigentlich besonders? Macht uns eigentlich was besonders? Was ist speziell an einer Instanz für Bayern? Wollen wir eine Ansammlung von Leuten sein, die zufällig hier sind? Oder eine Gemeinschaft? Und wenn ja, wie viel und wie eng?

Eine fertige Antwort gibt es nicht. Und es ist fraglich, ob wir alle zur gleichen Antwort kommen. Ein paar Ideen gibt es, und wenn sie noch etwas wachsen, werden wir hier drüber reden.

Zumindest ein paar Leitplanken wird es brauchen. Jede Instanz hat ihre Regeln. Bei uns steht bisher nur:

Seid’s freindlich miteinand.

Ob das ausreicht, wird sich zeigen.

Beschreibungstexte wollen geändert werden. Bilder bearbeitet. Die Dinge eben, die aus steriler Technik ein Zuhause machen.

Die Lampen an der Technik leuchten grün. Wir haben ein eigenes Logo (was die wenigsten Instanzen haben, luja!).

Logo von mastodon.bayern: der stilisierte Kopf eines Elefanten in seitlicher Ansicht als Mastodon-Logo, eingefärbt mit weiß-blauen Bayern-Rauten
Das Logo von mastodon.bayern

Ebenso prangt „Mia san Mastodon“ auf der Startseite, statt „hier ist die vierhundertdrölfte Standard-Instanz“. Das klingt nach albernen Banalitäten. Doch es wurde bemerkt, wir begrüßen die ersten neuen Nutzer. Es ist Leben drin und es kommt mehr Leben hinzu.

Wenn ein zentraler Anbieter entscheidet, dass ein Dienst eingestellt wird, dann ist das so. Dann wäre hier das Licht aus. Aber das hier ist das Fediverse. Und das Licht ist an. Ein (Neu-)Anfang, aus dem was werden kann.

  1. Ja, is scho recht: natürlich brauchst Zeit und Geld. Und Kenntnisse, wie man das macht. Also noch mehr Zeit. ↩︎

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